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Menschen mit Spuren und ihre Wege durch die Krise Folge 18: Astrid Brüggemann

Astrid Brüggemann, Foto: Joachim Skambraks

 

Menschen mit Spuren und ihre Wege durch die Krise Folge 18: Astrid Brüggemann

Astrid Brüggemann ist Schnell-Lese-Trainerin sowie Geschichten- und Märchenerzählerin. Online veranstaltet sie die Erzählreihe „Sonntagsmärchen“.

www.astridbruggemann.com

www.astridbruggemann.com/sonntagsmaerchen

MMS: Wie hinterlässt du aus deiner Sicht Spuren? 

Astrid Brüggemann: Spuren im Leben. Ich habe zwei Kinder. Das sind natürlich ganz handfeste Spuren. Ich habe eine Schnell-Lese-Methode entwickelt, mit der ganz normale Menschen Informationen aus Texten entnehmen können. Diese Methode unterschiedet sich sehr stark von allen anderen Schnell-Lese-Methoden auf dem Markt. Ich habe alle Schnell-Lese-Bücher gelesen, die es auf dem deutschen Markt gibt und auch alle wichtigen im englischen und amerikanischen Markt. Ich habe festgestellt, die Methoden stammen alle aus der 1960er Jahren. Ich nutze die Macht der unbewussten Informationsaufnahme. Das hinterlässt in den Menschen, denen ich das zeige, Spuren. 

MMS: Was haben Krise, Lockdown und Pandemie mit dir privat und wirtschaftlich gemacht? 

Astrid Brüggemann: Wirtschaftlich: Die Krise kam, der Lockdown kam und ich hatte eine 100-prozentigen Umsatzeinbruch. Also meine gesamten Aufträge waren erstmal alle weg, Das hat dazu geführt, dass ich mich erst mal berappeln musste. Ich habe mich erst mal sehr in mich zurückgezogen. Dann habe ich aber Sachen gemacht, die ich ohne die Krise niemals gemacht hätte. Ich habe online Sachen gemacht, von denen ich vorher niemals gedacht hätte, dass es funktioniert. Das ist dann wieder der Dreh, der Spaß macht. 

MMS: Welchen privaten Aspekt hat die Krise bei dir beeinflusst? 

Astrid Brüggemann: Ich habe meinen Traummann kennengelernt. 

MMS: Durch eine Krise zu kommen heißt auch neue Denkweisen, Hilfsmittel oder Methoden anzuwenden. Was hat dir geholfen durch die Krise zu kommen? 

Astrid Brüggemann: Es ist eine Verstärkung der schon da gewesenen Dinge. Es ist diese Verstärkung: Ich bin es, die die Sicht auf meine Welt gestaltet. Niemand außerhalb kann irgendetwas tun und die Situation kann sein, wie sie will, ich entscheide, wie ich wahrnehme und wie ich es bewerte. Tendenziell hatte ich das immer schon. Aber das ist massiver geworden und lässt mich heute hier fröhlich sitzen, was ich im März 2020 noch nicht gedacht hätte. 

Astrid Brüggemann, Foto: Joachim Skambraks 

MMS: Danke für diese Inspiration. Was aus dem Bereich Kunst, Literatur, Musik oder Theater hat dir geholfen ein Stückchen besser durch die Krise zu kommen? 

Astrid Brüggemann: Ich bin seit 30 Jahren professionelle Geschichtenerzählerin, Märchenerzählerin und Bühnenerzählerin. Ich habe angefangen, Geschichten online zu erzählen. Wir hatten ein Format und ich kann kurz erzählen: Ich habe eine Geschichte erzählt und meine Tochter war auch unter den Zuhörern. Diese Geschichte hat meine Tochter in ihrer Seele so bewegt, dass sie daraufhin die Entscheidung getroffen hat, ihr Studium hinzuschmeißen. Sie hat vorher Landschaftsarchitektur studiert und hat sich dazu entschieden, in die Geisteswissenschaften zu gehen, um Kulturanthropologie, Europäische Ethnologie und Religionswissenschaften zu studieren. Das hätte sie niemals gemacht, wenn sie nicht diese Geschichte gehört hätte. Das ist exemplarisch für mich. Geschichten können wabernde Prozesse, die einem im Kopf ungreifbar herumschwirren, auf den Punkt bringen und können neue Erkenntnisse befördern. Da habe ich ganz viel gelernt in diesen zwei Jahren. 

MMS: Du hast mir auch erzählt, dass du ganz viel gelesen hast. 

Astrid Brüggemann: Das stimmt. Ich lese immer viel. Aber was mache ich ohne Aufträge? Ich habe gelesen – auch Romane – aber ganz viele Bücher aus den Bereichen Psychologie, Geschichte, Politik und Wirtschaft. Ich habe unglaublich viel mein Weltbild immer wieder durcheinander wackeln lassen. Ich liebe es, wenn meine eigenen Überzeugungen erschüttert werden. Und das können Bücher. 

MMS: Lockdown und Stillstand als Auszeit haben manchmal den Charme, dass Innovation oder Transformation entstehen. Was ist bei dir passiert? 

Astrid Brüggemann: Abgesehen davon, dass ich endlich mal Zeit hatte, Online-Kurse zu machen, habe ich ein Format entwickelt, das ich nach wie vor sehr liebe: Das sind die Sonntagsmärchen. Am 21. März jeden Jahres ist der Weltgeschichtentag. Am 21 März 2020 dachte ich, das kann ja wohl nicht sein, dass der Weltgeschichtentag einfach so ins Wasser fällt. Wir hatten vorher eine große Veranstaltung geplant. Also habe ich das online gemacht. Ich habe versucht, online Geschichten zu erzählen. Das tue ich seitdem. Ich habe dann jeden Sonntag „Sonntagsmärchen“ erzählt. Jetzt habe ich ein Erzählreihe entlang der Seidenstraße. Wir reisen von Venedig auf den Spuren von Marco Polo nach China. Am Weltgeschichtentag 2022 werden wir in China endlich ankommen. Marco Polo hat dreieinhalb Jahre gebraucht. Wir sind ein bisschen schneller. Ich bin begeistert, wie gut es funktioniert. Für die Menschen, die da zuhören, ist es wirklich ein Highlight, immer wieder diese Geschichten zu hören. Diese Menschen verbieten mir auch, dass ich in die Weihnachtsferien gehe. Ich frage dann immer: Seid ihr dann überhaupt da, wenn ich rund um Weihnachten Geschichten erzähle? Ja natürlich sind wir da. Das ist das eine. Das zweite ist, ich habe jetzt auch ein Format entwickelt, märchenhafte Weihnachtsfeiern in Unternehmen anzubieten. Ich bin sehr begeistert, wie gut es angenommen wird. Man erwartet es nicht, aber es ist ein Gefühl der Gemeinschaft. Die Kollegen hören die Geschichten gemeinsam und erfreuen sich daran. Danach ist ein Austausch in einem anderen Raum, wo sie sich selber aussuchen können, mit welchen Kollegen sie noch ein bisschen reden wollen. Dann gibt es noch mal einen Geschichtenblock. Zum Ende können sich noch mal darüber unterhalten. Das erzeugt eine Stimmung, eine Atmosphäre, die fast an das heran kommt, was man live schaffen kann. Natürlich gibt es einen großen Unterschied, aber es funktioniert. Das macht die Menschen glücklich und das macht mich glücklich. 

MMS: Astrid, an dieser Stelle sage ich Herzlichen Dank für deine Begeisterung und deine Inspirationen. 

Fotos und Interview: Joachim Skambraks, Stimme der Hauptstadt.Berlin, Redaktion München 

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